Dieter
Kaufmann, Paul
Tiedemann:
Internet für Althistoriker und Altphilologen. Eine praxisorientierte
Einführung.
Darmstadt: Primus Verlag, 1999 bzw. Darmstadt: Wissenschaftliche
Buchgesellschaft, 1999
Preis: DM 34,00 (Ausgabe im Primus Verlag) bzw. DM 24,80 (für
Mitglieder der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft; Bestellnr.: B 14163-6)
ISBN 3-89678-110-3
XII + 186 Seiten, Paperback
Es ist wohl kein Zufall, daß die neue Buchreihe "Internet für
... Eine praxisorientierte Einführung" neben Historikern, Geographen,
Juristen, Philosophen und Theologen auch die Altertumswissenschaftler als
Zielgruppe hat. Denn diese geisteswissenschaftliche Disziplin, die schon
immer von internationaler Zusammenarbeit geprägt war, hat jetzt ein
Medium zum schnellen Austausch gefunden und dieses auch in einem Maße
nutzbar gemacht, das das Vorurteil von den verstaubten Antikenforschern
(wenn es denn je gestimmt hat) widerlegt.
Es ist allerdings ein wenig unverständlich, warum man nicht alle
Disziplinen der Klassischen Altertumswissenschaft behandelt hat, warum
also die Archäologie zwar im Text, aber nicht im Titel erscheint. Ob die gesonderte Publikation "Internet für Archäologen", die im Verzeichnis lieferbarer Bücher angekündigt erscheint, wirklich so großen Eigenwert hat, wird sich noch erweisen müssen.
Das Buch besteht aus drei Teilen:
Die beiden Rahmenteile sind offenbar für alle Bände der Reihe
identisch (zuständig ist wohl Paul Tiedemann), nur der fachspezifische
Teil ist jeweils neu erarbeitet (Dieter Kaufmann). Ein Anhang nennt weiterführende
Literatur, ein Glossar erklärt die wichtigsten Fachbegriffe. Das Sachregister
am Ende ist eher aleatorisch und keineswegs vollständig.
Nicht ausdrücklich gesagt, aber sowohl durch den Inhalt als auch
die Auswahl der Links zu erschließen, ist die Tatsache, daß
sich das Buch primär an ein Publikum im deutschsprachigen Raum wendet.
Es ist zu wünschen, daß insbesondere Anfänger diesen Teil
nicht einfach überschlagen, um schnell zu den WWW-Adressen zu gelangen,
sondern sich mit den 35 Seiten befassen: Denn nur wer ein wenig über
die Hintergründe Bescheid weiß, wird mit realistischen Vorstellungen
die Internet-Dienste nützen. Kapitel 1 handelt vom "Internet im allgemeinen",
von der Geschichte und Struktur und von den Voraussetzungen für den
Zugang (Hardware, Software, Provider). Daß es trotz aller didaktischen
Bemühungen für den absoluten Laien wohl immer noch keine ganz
leichte Kost ist, ist nicht den Autoren anzulasten, sondern liegt an der
Vielfalt der Möglichkeiten.
Kapitel 2 listet die "Dienste im Internet" auf: Nach einer Kurzbeschreibung
von Email, Maillist, Newsgroups, WorldWideWeb, Gopher (was eigentlich nur
noch aus nostalgisch-historischen Gründen in eine Einfürhung
gehört), FTP und IRC werden diese im Detail beschrieben, wobei ein
besonderer Schwerpunkt auf der technischen Handhabung von Email und WWW
(auch zu den Recherchemöglichkeiten) liegt - mit Recht, sind das doch
die mit Abstand am häufigsten genutzten Dienste.
Uns scheint der Spagat zwischen der Konzentration auf knappen Raum
und der für Anfänger gedachten Basisinformation recht gut gelungen.Sinnvoll
wäre es aber gewesen, um Frustrationen wenn schon nicht zu vermeiden,
so doch zumindest abzumildern, auf die notorische Unübersichtlichkeit
des WWW und insbesondere auf die mangelnde Zuverlässigkeit der Suchmaschinen
hinzuweisen. Es bedarf einer gewissen Routine im Umgang mit diesen Instrumenten,
um herauszufinden, was man von ihnen erwarten kann und was nicht.
Dieses Kapitel macht mit mehr als 110 Seiten den Kern des Buches aus,
es stellt wohl auch in der Regel den Grund für den Kauf dar. Im Grunde
genommen handelt es sich um eine lange, kommentierte Liste von Links -
ein "repräsentativer Querschnitt" (39) -, die sich von den einschlägigen
Seiten im WWW nicht so sehr durch ihren Inhalt unterscheidet, als vielmehr
positiv durch die Tatsache, daß man sie unabhängig von der Arbeit
am Computer durchlesen kann und sich Notizen machen kann, negativ natürlich
durch das Fehlen einer unmittelbaren Verbindung zu den aufgelisteten Sites.
Bisweilen sind die Inhaltsverzeichnisse oder Bereiche der WWW-Sites
sogar in voller Länge aufgenommen, so daß man die für den
Privatanwender immer noch teuere Online-Zeit für die Auswahl des gewünschten
Bereichs reduzieren kann. Auch die in einigen Fällen beigegebenen Screenshots lassen einen ersten Eindruck zu.
Die Links sind in folgende Sektionen rubriziert:
Es ist hier nicht der Ort, die (wenn ich mich nicht verzählt habe 2238) Links im einzelnen aufzuführen und
im Detail zu kommentieren. Denn Vollständigkeit kann eine solche Liste
niemals erzielen, dazu ist das WWW-Angebot zu umfangreich und zu starken
Fluktuationen unterworfen. So soll es nur um einzelne Anmerkungen, Ergänzungen
und Korrekturen gehen - Anregungen für eine hoffentlich zu erwartende
zweite Auflage. Zugleich zeigt sich, daß das Internet sich beständig in Bewegung befindet.
Grundsätzlich freut sich der Rezensent natürlich, daß
seine KIRKE
und
ihre Unterseiten umfangreiche Berücksichtigung gefunden hat, u.a.
an der Spitze der allgemeinen Übersichtsseiten.
Ob man 1.5 - das Perseus-Projekt - wirklich unter die "Übersichtsseiten" rubrizieren sollte, scheint ein wenig zweifelhaft, denn es handelt sich ja nicht um eine Metaseite, sondern um einen abgeschlossenen Kosmos von Texten, Bildern und Nachschlagewerken. Ergänzend sei auch auf die bereits vorhandenen Texte (z.B. Vergil. Ovid, Caesar) hingewiesen.
1.15 (Altertumswissenschaften in der Schweiz): die verdienstvolle Sammlung von Heinz Schmitz ("Outis") existiert leider nicht mehr, übrig geblieben ist nur sein Lernprogramm unter http://www.friends.ch/strider/lehrer/
Zu 3. (Lateinische Texte im Internet) sei (neben der Eichstaetter Inschriftensammlung) vor allem auch auf die Epigraphische Datenbank Heidelberg hingewiesen, die die neuen Ergebnisse der von Geza Alföldy geleiteten Forschungsstelle unmittelbar im WWW zugänglich macht.
Zu 5.15: Auch die Tacitus-Homepage ist leider verschwunden (die URL http://www.inform.umd.edu/EdRes/Colleges/ARHU/Depts/Classics/Faculty/SRutledge/ führt nur noch zur Biographie von S. Rutledge).
Zu 6.21: Die neue URL von De Imperatoribus Romanis lautet http://www.salve.edu/~romanemp/startup.htm.
Zu 10.1. (Thesaurus linguae Graecae): Im Unterschied zum Thesaurus linguae Latinae ist der TLG kein Lexikon, sondern lediglich eine Volltextdatenbank der griechischen Literatur. Dafür sollten in dieser Rubrik das griechische Lexikon von Liddell-Scott-Jones sowie die lateinischen von Lewis&Short und Forcellini nicht fehlen.
Ob 10.7. (HTML 3.2 Reference Specification) in den fachlichen Teil gehört, scheint zweifelhaft. Besser wäre (und ist) der Verweis im Kapitel 3 aufgehoben.
Der gesamte Abschnitt 11 ist den "online verfügbaren Zeitschriften" gewidmet. Dabei hätte der Rezensent es für sinnvoll erachtet, zu vermerken, ob es sich um
Im einzelnen:
Unverständlicherweise ist hier eine der wichtigsten Publikationen, die Bryn Mawr Classical Review (http://ccat.sas.upenn.edu/bmcr/, nicht genannt, die (wie die Schwesterzeitschrift Medieval Review - http://www.hti.umich.edu/b/bmr/tmr.html) schnell und umfassend via Email-Abonnement oder die Web-Seite Rezensionen bereitstellt (vor allem amerikanische Bücher sind manchmal schneller rezensiert als in Deutschland verfügbar). Jüngstes Kind dieses nicht genug zu rühmenden Unternehmens ist die Bryn Mawr Electronic Resources Review (http://csa.brynmawr.edu/bmerr.html).
Im Kapitel 13 (Bibliotheken und Verlage) findet sich auch der Hinweis auf Gnomon online, die WWW-Seiten von L'Année philologique (http://www.aph.cnrs.fr/) fehlen dagegen.
13.3 (recte: 13.4): Das Verzeichnis der deutschsprachigen abfragbaren Kataloge und Institutionen ist nach http://www.grass-gis.de/bibliotheken/ gewandert.
13.7.: Auf den neuen Seiten des Metzler-Verlags (http://www.metzlerverlag.de) gibt es leider nur noch eine Kurzinformation über die RE (und den Preis - falls es jemanden interessiert: z.Zt. 19864,00 DM).
14.9.: Das Dissertationsverzeichnis der Mommsengesellschaft hat die Adresse http://www.klassphil.uni-muenchen.de/~hose/dissmommsen.html.
16.3 Aus den "42 altertumswissenschaftlichen CD-ROMs" sind mittlerweile 50 geworden, Markus Sehlmeyers Seite ist nunmehr nach http://www.uni-jena.de/~x9sema/cdrom.htm gewandert.
Ehrlich gesagt, scheint dem Rezensenten dieser Teil durchaus verzichtbar. Als Anleitung für eine ernsthafte Veröffentlichungstätigkeit im WWW ist er zu kurz ausgefallen, zumal die Anbieter von WWW-Serverplatz jeweils eigene Anforderungen stellen. So hätte (vielleicht in den ersten Teil integriert) eine Beschreibung des Aufbaus einer WWW-Seite und die Besonderheiten von HTML durchaus genügt.
Hilfreich dagegen ist der Anhang mit weiterführender Literatur und Glossar.
Für wen ist also das Buch geeignet? Wer eben erst beginnt, sich mit dem Nutzen des Internet für die Altertumswissenschaften zu befassen, wird zahlreiche Anregungen gewinnen können. Insbesondere kann er durch die "off-line"-Lektüre teuere online-Zeiten sparen (was besonders wichtig ist, wenn man nicht über einen Zugang mittels Standleitung verfügt).
Wer schon etwas mehr Erfahrung besitzt, wird trotzdem durch die Lektüre Hinweise auf bisher unbekannte WWW-Angebote bekommen (und den werden auch die verschwundenen bzw. geänderten URLs nicht wundern).
Eine besondere Funktion scheint mir in der Möglichkeit zu liegen, das Buch als Medium der Öffentlichkeitsarbeit zu nützen: "Seht her, in welch bemerkenswertem Umfang die Forschung und Lehre über längst vergangene Zeiten sich die neuesten technischen Mittel dienstbar macht!" (Der Rezensent bekennt, daß er diese Besprechung einer Reihe von Kollegen ebenfalls nicht online, sondern als Ausdruck zur Kenntnis bringen wird.)
Schließlich sollte das Buch überall dort griffbereit liegen, wo Schüler oder Studenten in Computerpools selbständig oder unter Anleitung nach altertumswissenschaftlichen Informationen suchen.
Die Voraussetzung aber, daß nicht schon in wenigen Monaten das Buch kontraproduktiv wirkt, da es zu viele veraltete Links auflistet, wäre aber eine regelmässige Überarbeitung. Informationsangebote über das Internet sind stets ein "work in progress".
Eine Möglichkeit, diese soeben skizzierte Gefahr, die von veralteten Informationen ausgeht, zu umgehen, wäre die entsprechende Nutzung des elektronischen Anhangs. Im Augenblick aber finden sich dort nur allgemeine ergänzende Informationen über Internet und WWW sowie ein weiterführender Link (die KIRKE-Seiten)
Diese Besprechung wurde verfaßt von Ulrich
Schmitzer. Sie ist Bestandteil des TELEMACHOS/TELEMACO-Projekts.
URL dieser Seite: http://www.telemachos.hu-berlin.de/rezension/kaufmann.html
Erstveröffentlichung: 15. Juli 1999 | Letzte Änderung: 15. Juli 1999 |
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