Laokoon
Antike und Internet
eine Einführung: Teil 6
Penelope

Und nun - sind Sie nun gefangen vom Netz oder verstrickt? Fühlen Sie sich eher wie Laokoon als Opfer oder wie Helena, Arachne oder Penelope als Herrin des Netzes? Wer noch keine oder wenig Erfahrung mit all diesen Dingen hat, wird gewiß die Fülle der Angebote recht erdrückend finden - Hilfen sollen Kataloge wie meine KIRKE bieten, die aber auch niemals perfekt sein können. Im Grunde genommen läßt sich nur raten, am Beginn eines Projekts, einer Unterrichtseinheit oder einer Unternehmung wie einer Klassenfahrt sich einen oder zwei Nachmittage oder besser noch Abende ausführlich Zeit zu nehmen und sich anhand einschlägiger Kataloge und gezielter Benutzung der Suchmaschinen einen Überblick über das zu verschaffen, was überhaupt zur Verfügung steht.
Gerade für die unterrichtspraktische Verwendung ist aber auch nötig, die Qualität der Seiten kritisch zu prüfen. Da es keine zentrale Redaktionsinstanz gibt, kann jeder, der sich berufen fühlt, sich jedem beliebigen Thema äußern, sofern er nicht gegen Rechtsvorschriften verstößt und ggf. die Kosten für seine Internetpräsenz aufbringen kann. Eine inhaltliche Bewertung kann nur durch die Benutzer durchgeführt werden - eine Abstimmung per Mausclick sozusagen.
Noch gar nicht gesprochen habe ich vom Publizieren im Internet - sei es wissenschaftlicher, sei es allgemeiner Art: Inzwischen haben sich auch für die Altertumswissenschaften einige Zeitschriften etabliert, die auch oder ausschließlich im WWW erscheinen - ich nenne pars pro toto de schon altehrwürdige Electronic Antiquity (http://scholar.lib.vt.edu/ejournals/ElAnt/) und für den deutschsprachigen Raum Plekos (http://www.plekos.uni-muenchen.de) aus München und das Göttinger Forum für die Altertumswissenschaft (http://www.gfa.d-r.de). Diese Zeitschriften versuchen, die Tugenden des WWW - schnelle und unkomplizierte Produktion, leichte Verbreitung - mit den traditionellen Werten redaktionelle Betreuung und regelmäßige Erscheinungsterminen zu kombinieren. Ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt ist, daß auf dise Weise nicht nur Fachleute erreicht werden, sondern über die Suchmechanismen des WWW genauso leicht für Interessierte von außerhalb zugänglich ist. Das ist ein Multiplikationseffekt, den man - wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann - gerade für unsere Zunft nicht unterschätzen sollte. Aber das wäre ein anderes Thema.
Der verzückte Blick des Boris Becker sollte also nicht darüber hinwegtäuschen, daß es nicht alles ist, "drin zu sein", sondern daß man sich sehr genau überlegen sollte, was man "drin" macht - aber auf diesem Gebiet ist das Internet nicht anders als eine Bibliothek - wer in die Abteilung Naturwissenschaften gerät, braucht sich nicht zu wundern, daß er keine Schulausgabe von Sallust findet - und sollte deshalb den Bibliothekar nicht beschimpfen, und schon gar nicht für Bücher, die noch niemand geschrieben hat - und so ist es auch mit dem Internet.

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