Und nun - sind Sie nun gefangen vom Netz oder verstrickt? Fühlen Sie sich
eher wie Laokoon als Opfer oder wie Helena, Arachne oder Penelope als Herrin
des Netzes? Wer noch keine oder wenig Erfahrung mit all diesen Dingen hat,
wird gewiß die Fülle der Angebote recht erdrückend finden - Hilfen sollen
Kataloge wie meine KIRKE bieten, die aber auch niemals perfekt sein können.
Im Grunde genommen läßt sich nur raten, am Beginn eines Projekts, einer
Unterrichtseinheit oder einer Unternehmung wie einer Klassenfahrt sich einen
oder zwei Nachmittage oder besser noch Abende ausführlich Zeit zu nehmen und
sich anhand einschlägiger Kataloge und gezielter Benutzung der Suchmaschinen
einen Überblick über das zu verschaffen, was überhaupt zur Verfügung steht.
|
Gerade für die unterrichtspraktische Verwendung ist aber auch nötig, die
Qualität der Seiten kritisch zu prüfen. Da es keine zentrale
Redaktionsinstanz gibt, kann jeder, der sich berufen fühlt, sich jedem
beliebigen Thema äußern, sofern er nicht gegen Rechtsvorschriften verstößt
und ggf. die Kosten für seine Internetpräsenz aufbringen kann. Eine
inhaltliche Bewertung kann nur durch die Benutzer durchgeführt werden - eine
Abstimmung per Mausclick sozusagen.
|
Noch gar nicht gesprochen habe ich vom Publizieren im Internet - sei es
wissenschaftlicher, sei es allgemeiner Art: Inzwischen haben sich auch für
die Altertumswissenschaften einige Zeitschriften etabliert, die auch oder
ausschließlich im WWW erscheinen - ich nenne pars pro toto de schon
altehrwürdige Electronic Antiquity (http://scholar.lib.vt.edu/ejournals/ElAnt/) und für den deutschsprachigen Raum Plekos (http://www.plekos.uni-muenchen.de)
aus München und das Göttinger Forum für die Altertumswissenschaft (http://www.gfa.d-r.de). Diese
Zeitschriften versuchen, die Tugenden des WWW - schnelle und unkomplizierte
Produktion, leichte Verbreitung - mit den traditionellen Werten
redaktionelle Betreuung und regelmäßige Erscheinungsterminen zu kombinieren.
Ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt ist, daß auf dise Weise nicht nur
Fachleute erreicht werden, sondern über die Suchmechanismen des WWW genauso
leicht für Interessierte von außerhalb zugänglich ist. Das ist ein
Multiplikationseffekt, den man - wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann -
gerade für unsere Zunft nicht unterschätzen sollte. Aber das wäre ein
anderes Thema.
|
Der verzückte Blick des Boris Becker sollte also nicht darüber
hinwegtäuschen, daß es nicht alles ist, "drin zu sein", sondern daß man sich sehr genau überlegen sollte, was man "drin" macht - aber auf diesem Gebiet ist das Internet nicht anders als eine Bibliothek - wer in die Abteilung Naturwissenschaften gerät, braucht sich nicht zu wundern, daß er keine Schulausgabe von Sallust findet - und sollte deshalb den Bibliothekar nicht
beschimpfen, und schon gar nicht für Bücher, die noch niemand geschrieben
hat - und so ist es auch mit dem Internet.
|