Eigentlich ist es ja ganz einfach: Man schaltet den Computer ein, seufzt
einmal kurz, welch große Aufgabe man zu bewältigen hat, klickt das
AOL-Symbol an und - schneller noch, als man fragen kann: "Bin ich schon
drin?" - ist man schon drin? Drin im Internet, so daß nur noch der verklärte Blick fehlt - "war ja ganz einfach".
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Aber was macht man eigentlich, wenn man drin ist? Boris Becker verrät es uns
nicht, und auch sonst gibt es erhebliche Zweifel, daß das "Reinkommen" das
größte Problem ist. Amerikanische Untersuchungen zeigen, daß Studenten,
denen man doch gemeinhin eine recht hohe Internetkompetenz zuzubilligen
geneigt ist, bei der Informationssuche ziemlich planlos vorgehen: Was oben
auf einer Seite steht, wird angeklickt, der Zufall regiert, wirklich
ausgeklügelte Suchstrategien existieren nur in seltenen Fällen. Diese ersten
empirisch erhobenen Befunde lassen sich zwar nicht durch weitere
repräsentative, aber durch punktuelle Erfahrungen stützen: Auf einigen der
von mir betreuten Internetseiten gibt es ein recht bequem zu bedienendes
Formular, mit dem man Emails ohne weiteres abschicken kann, und ein Gutteil
der Anfragen, die mich über dieses Mailformular erreichen, hätten einfach
geklärt werden können, wenn der und die Betreffende nur die Seite vollständig durchgeblättert hätte. Oder um ein anderes Beispiel zu wählen: Eine
Reihe von Internetkatalogen und Suchmaschinen bieten die Möglichkeit zu-
zusehen, welche Begriffe im Augenblick abgefragt werden. Wenn man sich
diesen Live-Eindruck öfter einmal verschafft hat, ist man sehr schnell des-
illusioniert über die Fähigkeit der Nutzer, gezielt zu recherchieren.
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Das Netz kann sehr zur Schlinge werden, der von Site zu Site, von Coolspot
zu Coolspot surfende User schnell zum Laokoon. Und Hans-Georg Gadamers
jüngst geäußertes Monitum, daß "nicht das durch die Maschinen Übertragbare
das eigentlich Aussagekräftige" sei, gilt gewiß auch für das Internet.
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Auf der anderen Seite verheißt die Werbung, verheißen die Medien in ihren
redaktionellen Verlautbarungen und die Politiker in ihren programmatischen
Reden, daß das Internet die Lösung aller Probleme biete, daß in gewisser
Weise Deutschlands Zukunft davon abhänge, inwieweit es gelinge, möglichst
flächendeckende Zugangsmöglichkeiten zu schaffen - und in der Bildungspoli-
tik lautet ein immer öfter gehörtes Schlagwort: jedem Schüler seinen
Computer, jedem Schüler einen Internetanschluß.
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Angesichts solcher Erwartungen und solcher Defizite in der Realität wird das
Internet auch zum pädagogischen und didaktischen Problem, ein Thema, mit dem
sich Schule und auch Hochschule zu befassen haben. Die Diskrepanzen und
Ungereimtheiten betreffen im übrigen auch unsere eigene Zunft: Der
Bundesvorsitzende des DAV hat kürzlich in einem bildungspolitischen Rundumschlag unter anderem eine verstärkte Präsenz der Alten Sprachen im Internet
angemahnt. Aber wenn man dann einmal die persönliche Seite von Professor
Maier bei der Humboldt-Universität besucht, dann findet man dort zwar ein
Foto und ein Verzeichnis seiner - konventionell erschienenen - Schriften,
aber keine Möglichkeit, mit ihm direkt in Kontakt zu treten, nicht einmal
eine Email-Adresse oder wenigstens die der Sekretärin. Auch der Verband DAV
hat keine eigene WWW-Seite, lediglich das Forum Classicum und die Berliner
und Münchner Fachdidaktiker sind in nennenswertem Umfang präsent. Von der
Mommsen-Gesellschaft, um den akademischen Bereich zu streifen, kann man nur
kummervoll schweigen.
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Daß es anderswo auch anders geht, das lehrt vor allem ein Blick in die USA.
Dort pflegen sowohl APA - American Philological Association - als auch
ACL - American Classical League - sowie zahlreiche regionale
altertumswissenschaftliche Vereinigungen umfangreiche Web-Seiten. Sie nützen
diese für den Austausch der Mitglieder untereinander und zugleich für
öffentlichkeitswirksame Präsentation. Aber auch in Großbritannien und sogar
Frankreich und der Schweiz ist auf diesem Sektor standespolitisch wesentlich
stärkeres Engagement zu verzeichnen als hierzulande.
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Noch prekärer wird die Angelegenheit dadurch, daß das Internet konkret in
den Unterrichtsalltag eingreift, gibt es doch inzwischen eine Reihe von
Angeboten, die fertige Hausarbeiten und Referate zu liefern versprechen oder
gar mehr oder minder vollständige Übersetzungen von Unterrichtswerken wie
Orbis Romanus liefern. Eine Zusammenstellung von allgemeinen Seiten finden
Sie in der Anlage des Handouts, sie ist dem soeben erschienenen Heft der
Zeitpunkte 1/2000 entnommen. Demonstriert sei pars pro toto lediglich eine
von einem Lateinlehrer aus dem bayerischen Neubiberg betreute Seite mit
Referaten und Facharbeiten seiner eigenen Schüler:
Forum Latinum: http://www.geocities.com/Athens/Agora/6418/
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Daß sich vor allem auf den redaktionell unbetreuten Hausaufgabenseiten oft
atemberaubend schlechte Qualität findet daß es solche Tauschbörsen auch
früher schon zumindest in größeren Städten gab, ist kein Trost. Denn
prinzipiell kann nun jeder Schüler, wenn er eine Hausaufgabe o.ä. nicht
selbt erledigen möchte und er über einen Internetzugang verfügt, diese und
ähnliche Angebote aufrufen und nachsehen, ob er sich wirklich selbst die
Arbeit machen muß.
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Es lohnt sich durchaus, das Internet genauer kennenzulernen - nicht nur, um
mit den eigenen Schülern gleichzuziehen und sie kontrollieren zu können,
sondern auch etwa, um die Encyclopaedia Britannica kostenlos nutzen zu
können und damit eines der umfangreichsten Lexika der Welt gleichsam auf dem
Schreibtisch zu haben (http://www.britannica.com).
Man muß aber andererseits auch die Grenzen kennen: non omnia possumus omnes,
und das gilt gerade für ein so neues Medium wie das Internet, dessen Boom
erst Mitte der 90er Jahre so richtig begann. Gewiß ist es auch so, daß der
Umgang mit Computer und Internet in gymnasialer und universitärer Ausbildung
zu einem teilweisen Umsturz traditioneller Lernhierarchien führt: Die
Lehrenden werden oft genug zu Lernenden, aber nichts wäre falscher, als
darauf mit einer totalen Blockade zu reagieren und wie Qualtingers Travnicek
nur achselzuckend zu antworten: "Und was brauch i des?".
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Wir wollen uns deshalb nach dieser Praefatio am heutigen Vormittag der
Thematik in drei Schritten nähern, die hoffentlich praxisrelevant sind:
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1. eine - wirklich kurze, zwangsläufig fast fahrlässig vereinfachende -
Einführung: Was ist eigentlich das Internet?
2. die Frage, wie auf dem Weg über das Internet etwa für die Ovid-Lektüre
Informationen und Materialien gewonnen werden können; und schließlich
3. als Hilfe, eine Klassenfahrt oder Exkursion vorzubereiten: als Beispiel
soll eine simulierte Romfahrt dienen.
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Basis dieser Erörterungen wird die von mir betreute Zusammenstellung von
WWW-Ressourcen sein, die seit August 1995 unter dem Titel KIRKE - Katalog
der Internet-Ressourcen für die Klassische Philologie aus Erlangen - aktiv
ist. Daß diese für Internetverhältnisse recht lange Zeitdauer der Existenz
nicht ganz spurlos geblieben ist, versteht sich von selbst. Im Moment bin
ich mit behutsamen Restaurierungsmaßnahmen befaßt, die zugleich der
Überprüfung der erfaßten Ressourcen dienen. Zur Illustration ist die
Startseite auf dem Handout beigefügt.
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Zur Erläuterung nur noch einige wenige Zahlen, gewissermaßen Ovids Motto
folgend: ut noris quem legis, accipe: In diesem Jahr, seit dem 1. Januar,
gab es bis vor drei Tagen (16.2.2000) im Durchschnitt etwa 3500 sog. Hits
täglich, also Aufrufe einzelner Seiten, insgesamt haben etwa 18000
verschiedene Hosts zugegriffen. Der Umfang des Datentransfers beträgt 2,4
Gigabyte - pro Tag etwa 52 Megabyte. Das Gros der Zugriffe kommt natürlich
aus Deutschland und dem deutschsprachigen Raum, sodann dem übrigen Europa
und den USA, aber sogar aus Namibia, dem Vatikan, Saudiarabien und Mongolei
kann ich Benutzer feststellen. Auch wenn man bedenkt, daß ein Teil davon
sicher eher zufällig zur KIRKE geraten ist, so ist doch kaum zu bezweifeln,
daß die Reichweite der WWW-Seiten inzwischen die meiner konventionellen
Publikationen bei weitem übertrifft - und vor allem, daß die
Zugangsmodalitäten neben Fachleuten - Schülern und Studenten, Lehrern und
Wissenschaftlern - eben auch allgemein Interessierte anlocken. Die erfolg-
reichsten Einzelrubriken stellen dabei meine Sektion Ovid im WWW und Rom im
WorldWideWeb dar, also die beiden Bereiche, die uns auch heute beschäftigen
werden.
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Damit genug der Selbstvorstellung und wir kommen - nicht nur akademischem
Brauch gemäß - zu Punkt 1.
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