Ovid - Texte

Jupiter und Kallisto

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mutatas dicere formas

Wie klangen Ovids Metamorphosen?

Übersetzung
(
M. u S. Bernart
)

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Ov. met. 2,401-507

Achtsam aber umgeht der allmächtige Vater des Himmels
Riesige Mauern und forscht, ob nichts einstürze, zerrüttet
Durch des Feuers Gewalt. Wie er noch alles gefunden
Und im tüchtigen Stand, durchspäht er die Erd und der Menschen
Arbeit. Aber zumeist für sein Arkadien ist er
Liebend besorgt. Neu stellet er her die Quellen und Flüsse,
Die noch scheuen den Lauf; Gras gibt er dem Boden, den Bäumen
Wieder ihr Laub und heißt frisch grünen beschädigte Wälder.
Während er geht und kommt, hat eine nonakrische Jungfrau
Fest ihn gebannt, und es glimmt im Mark das empfangene Feuer.
Nicht war es jener Geschäft, die Wolle geschmeidig zu ziehen
Noch zu verändern des Haares Tracht. Wenn die Spange das Kleid ihr
Und ein schneeiges Band nachlässige Locken gefesselt
Und den geglätteten Spieß sie führete oder den Bogen,
War sie in Phoebes Gefolg; und der Trivia werter besuchte
Keine des Maenalus Höhn. Doch Macht ist nimmer beständig.
   Über die Mitte hinaus stand hoch am Himmel die Sonne,
Als sie trat in den Hain, den kein Zeitalter gelichtet.
Hier von der Schulter nahm sie den Köcher und spannte den straffen
Bogen zurück und ließ auf dem grasigen Boden sich nieder,
Und ausruhend beschwert ihr Haupt den bebilderten Köcher.
Jupiter, wie er sie sah – sie lag, von niemand behütet –,
Sprach: „Diesmal wird nichts von dem Handel erfahren die Gattin,
Oder erfährt sie es auch: Was kann ihr Schelten mich kümmern?“
Gleich nun zeiget er sich in Gestalt und Tracht der Diana:
„Jungfrau“, sagt er zu ihr, „du meiner Gefährtinnen eine,
Wo im Gebirg heut hast du gejagt?“ Sie erhebt sich vom Rasen:
„Sei mir“, sprach sie, „gegrüßt, o Gottheit, meines Bedünkens
Höher, und hört’ er es selbst, als Jupiter!“ Lachend vernimmt er’s,
Froh, dass sie über ihn selbst ihn stellt, und bedeckt sie mit Küssen
Nicht in züchtigem Maß und nicht nach Sitte der Jungfrau.
Wie sie beginnt, in welchem Gehölz sie gejagt, zu erzählen,
Schließt er mit Küssen den Mund, nicht ohne Vergehn sich verratend.
Zwar sie kämpfet und ringt, soviel ein Mädchen nur fähig –
Sähest du zu, o Tochter Saturns, du wärest gelinder! –,
Zwar sie ringt; doch welch ein Weib, ja wer von den Göttern
Hielte vor Jupiter stand? Siegreich kehrt wieder zum Äther
Jupiter. Ihr ist verhasst das Gebüsch und die wissende Waldung,
Und sie vergaß, als sie wandte den Fuß, fast Köcher und Pfeile
Aufzuheben vom Gras und vom Aste zu nehmen den Bogen.
   Sieh, Dictynna, einher auf der Höhe des Maenalus schreitend,
Von dem Gefolg umringt und stolz auf des Wildes Erlegung,
Wird sie gewahr und rufet sie her. Die Gerufene fliehet
Und hegt Furcht im Beginn, dass Jupiter sei in der Jungfrau.
Als sie jedoch nun auch sah nahn die begleitenden Nymphen,
Wusste sie, Trug sei fern, und trat in die Reihe der andern.
Ach, wie fällt es so schwer, Schuld nicht zu verraten im Antlitz!
Kaum vom Boden erhebt sie den Blick; nicht ist sie der Göttin
Immer zur Seite wie sonst und nicht im Zuge die erste,
Sondern sie schweigt und beweist die beleidigte Scham durch Erröten.
Wäre sie Jungfrau nicht, wohl könnte Diana an tausend
Zeichen erkennen die Schuld. Die Nymphen erkannten sie, sagt man.
Wiedererhoben am Mond sich die Hörner zum neunten der Kreise,
Als beim Jagen, erschöpft von den Flammen des Bruders, die Göttin
Kam in ein kühles Gehölz, aus dem mit Gemurmel ein Bächlein
Rann und im gleitenden Lauf mitrollte geglättete Steinchen.
Wie sie die Stätte gelobt, senkt leicht sie den Fuß in die Wellen:
Die auch lobt sie und spricht: „Nah ist kein spähender Zeuge;
Lasst uns baden den Leib in den überströmenden Wassern.“
Schamrot steht die Parrhaserin da. Sie entkleiden sich alle;
Eine nur suchet Verzug; der Zögernden nimmt man die Hülle.
Wie das Gewand hinfällt, wird sichtlich die Schuld mit der Nacktheit.
Jene versuchte bestürzt mit den Händen den Schoß zu verdecken:
„Geh“, sprach Cynthia, „fern von hier, dass die heilige Quelle
Nicht du entweihst!“ und gebot ihr, aus ihrem Gefolge zu weichen.
   Längst schon hatt es gemerkt des mächtigen Donnerers Gattin
Und auf gelegene Zeit die empfindliche Rache verschoben.
Grund ist nicht zum Verzug; denn schon war Arkas, der Knabe –
Dieses zumeist war Junos Verdruß -, von der Buhle geboren.
Als sie den zornigen Sinn auf ihn mit dem Auge gerichtet:
„Das noch hatte gefehlt fürwahr, Ehbrecherin“, sprach sie,
„Dass Frucht reifte von dir und ruchbar wurde die Kränkung
Durch die Geburt und meines Gemahls Unehre bezeuget.
Du sollst büßen dafür. Ich will die Gestalt dir benehmen,
Freche, darin du gefällst dir selber und unserem Gatten.“
   Sprach’s und fasste sie vorn an der Stirn bei den Haaren und warf sie
Mit dem Gesicht auf den Grund. Demütig erhob sie die Arme:
Sieh, da hüllten sich rauh in schwärzliche Zottel die Arme,
Und krumm wurden die Händ und erwuchsen zu kralligen Tatzen,
Nun als Füße gebraucht, und durch weitoffenen Rachen
Ward entstellt das Gesicht, das Jupiter hatte gepriesen.
Dass auch Bitten das Herz nicht rührten und flehende Worte,
Wird ihr die Sprache geraubt. Ein Laut nur, zornig und drohend
Und voll Schrecken und Graun, entringt sich der heiseren Kehle.
Aber der frühere Sinn bleibt auch, als sie Bärin geworden,
Und sie bekundet den Schmerz durch unablässiges Stöhnen
Und hebt so, wie sie sind, zu Himmel und Sterne die Hände
Und klagt Jupiter an in Gedanken, weil Reden versagt ist.
Ach, wie irrte sie oft, da sie nicht in der Öde des Waldes
Wagte zu ruhn, vor dem Haus und im Feld, das sie selbst besessen!
Ach, wie oft, durch Felsen gejagt vom Bellen der Hunde,
Floh sie dahin voll Angst, die Jägerin bang vor den Jägern!
Oft beim Anblick von Wild versteckt sie sich, ihrer vergessend,
Und vor Bären erschrickt, die sie sieht im Gebirge, die Bärin,
Und sie erbebt vor Wölfen, wiewohl ihr Vater dabei war.
   Siehe, der Sproß aus Lykaons Geschlecht, nicht kennend die Mutter,
Arkas, erscheint, dem fast dreimal fünf Jahre vergangen.
Während er folget dem Wild und günstige Forste sich aussucht
Und mit geflochtenem Garn umstellt erymanthische Waldung,
Trifft die Mutter auf ihn, und sobald sie gewahret den Arkas,
Steht sie still und gleicht der Erkennenden. Jener, erschrocken,
Bebt – denn er kannte sie nicht – vor ihr, die das starrende Auge
Endlos richtet auf ihn, und näher zu gehen sie begehrte,
Wollt er die Brust ihr schon durchbohren mit tödlicher Waffe.
Doch der Allmächtige schützt, und zugleich sie selbst und die Untat
Hebt er hinweg, und im Sturm durch die luftige Leere sie reißend,
Stellt er am Himmel sie hin und macht sie zu nahen Gestirnen.

 

aus: Ovid; Werke in zwei Bänden, in der Bearbeitung von Liselot Huchthausen

© Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1968
 









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