KIRKE Antike-Lexikon für Schule und Studium: E Telemachos
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Eheschließung
Nach römischem Recht zählen zu den Voraussetzungen einer gültigen Eheschließung Mündigkeit beider Gatten und das römische Bürgerrecht. Mündigkeit wurde in der Regel bei Jungen mit vollendetem 14., bei Mädchen mit vollendetem 12. Lebensjahr angenommen (puberes, Geschlechtsreife). Die noch nicht 25-Jährigen (minores) wurden aber bei Rechtsgeschäften besonders geschützt, mit der Folge, dass die noch nicht 25-jährige Frau seit dem 4. Jh. für die Eheschließung stets die Zustimmung des Vaters oder der Verwandten brauchte. Das römische Bürgerrecht hatte seit dem Jahre 212 alle freien Reichseinwohner inne. Kastraten und Geisteskranke konnten keine Eheschließung vornehmen, ebenso wenig Verwandte in gerader Linie und Seitenverwandte bis zum 4. oder, nach justinianischem Recht, bis zum 3. Grade (incestae nuptiae, unreine Ehe). Auch waren Ehen zwischen Vormund und Mündel, zwischen Provinzialbeamten und Einwohnerinnen derselben Provinz. In spätrömischer Zeit kommt die Ehescheidung durch den übereinstimmenden Willen (Konsens) der Brautleute gegebenenfalls mit Zustimmung ihrer Gewalthaber zustande. In republikanischer Zeit war die Zustimmung des Vaters gesetzlich notwendig, konnte zur Zeit des Kaisers → Augustus staatlicherseits aber erzwungen werden. Dieser Eingriff in die väterliche Gewalt war nur deshalb möglich, weil Mann und Frau auch nach der Eheschließung in der Verfügungsgewalt des Vaters blieben, also inzwischen die Manus-Ehe unüblich geworden war. Unter Manus-Ehe (wörtlich Hand) ist jene Eheform zu verstehen, in der die Tochter bei der Eheschließung in die Verfügungsgewalt (manus, Hand) des Ehemannes überging. Die Manus-Ehe konnte auf drei Arten zustande kommen: a) sehr feierlich (confarreatio), nämlich im Beisein des → Pontifex Maximus oder des Flamen Dialis (→ Priester), der den Schutzgöttern der Ehe ein Opfer darbrachte, das aus Früchten und Speltkuchen (panis farreus) bestand und von dem das Brautpaar aß. Diese sakrale Form der Eheschließung war selten, war möglicherweise nur auf Patrizier beschränkt, wurde aber noch in der Kaiserzeit praktiziert; b) die so genannte Kaufehe (coemptio), die in Gegenwart von wenigstens fünf Zeugen eingegangen wurde, wobei die Frau für einen symbolischen Kaufpreis in die Manus des Mannes überging; c) die Usus-Ehe, die dadurch zustande kam, dass die Frau ein Jahr lang im Hause des Mannes blieb und dadurch in die Manus-Gewalt ihres Gatten kam. Die Vermeidung von Manus-Gewalt ist schon für die Zeit des Zwölftafelgesetzes belegt. Gewöhnlich pflegte die Frau bei der Eheschließung dem Mann eine Vermögungszuwendung zu überreichen: die dos (eigentlich Gabe). Nach justinianischem Recht war der Vater der Braut zur dos verpflichtet. Doch diese dos verbleibe nach → Iustinianus im Besitz der Frau. Bestand diese Mitgift z. B. aus einem Grundstück, so durfte der Mann dieses nicht verkaufen oder verpfänden. Seit dem 4. Jh. wird es üblich, dass auch der Mann etwas in die Ehe bringt (donatio ante/propter nuptias). Um die jesuanische Auffassung von Ehe gesellschaftlich durchzusetzen, betonten die Christen schon früh, dass bei der Eheschließung allein der Ehewille (consensus) von Mann und Frau genüge. In einem komplizierten, über tausend Jahre währenden Prozess gelingt es der Kirche allmählich, Form und Bedingung der Eheschließung christlich zu bestimmen und den Wert der Ehe rechtlich zu sichern.

mg
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