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Philipp II.
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Pietas, pius

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Pietas, pius

Pietas bezeichnet die rechte Gesinnung und entsprechendes Handeln gegenüber den Menschen, den Göttern und dem Vaterland. So umfasst der Begriff die von der Natur geforderte Gesinnung der Liebe und Dankbarkeit zwischen Eltern und Kindern, zwischen Geschwistern, gegenüber Freunden und Wohltätern und gegen die Verstorbenen ebenso wie die Pflichterfüllung des Bürgers gegenüber dem Staat. Gegenüber Unterworfenen ist pietas die Anerkennung einer Verpflichtung dem Besiegten gegenüber, der sich unter Anrufung einer Gottheit der Gnade und dem Schutz des Siegers ausgeliefert hat. So erhält der Begriff auch die Bedeutung „Milde, Barmherzigkeit, Gnade“. In diesem Sinn drückt er das Verhalten der Götter zu den Menschen aus. Im Verhältnis Mensch – Götter ist pietas gleichbedeutend mit → Religion (religio) im römischen Verständnis. Der familiär-soziale Aspekt und der politische sind vom religiösen kaum zu trennen: pietas ist eine Beschaffenheit und Handlungsweise, die einer im Religiösen begründeten Bindung entspricht. Wie Texte unterschiedlicher Schriftsteller (→ Cicero, → Vergil, → Horaz, Polybios, Poseidonios u. a.) zeigen, wurde pietas als Fundament der römischen Herrschaft angesehen. Cicero fasst im „Somnium Scipionis“ (de re publica, Buch VI, 16) die Aufgabe des Politikers in die Worte: „iustitiam cole et pietatem, quae cum magna in parentibus et propinquis, tum in patria maxima est“. Pietas ist Pflichtbewusstsein gegenüber dem göttlichen Gesetz. Vergil nennt daher Äneas „pius“: seine pietas besteht im Gehorsam gegenüber dem → fatum. Als ein die Ordnung erhaltender göttlicher Wert wurde die Pietas personifiziert und kultisch verehrt. Pietas-Darstellungen finden sich auf Münzen aus der Zeit der römischen Republik und vor allem aus der Kaiserzeit. Ebenso tritt der Beiname Pius auf. Auch das Christentum verwendet den Begriff pietas. Für → Augustinus ist sie das Fundament beim Aufbau der Civitas Dei, wie sie es war beim Aufbau der Civitas terrena des römischen Reiches. Das Begriffspaar pietas – → iustitia ist bei den westgotischen Königen zu den festen Beinamen Pius et Iustus entwickelt. Mit der Krönung Karls d. Gr. zum Imperator und Augustus geht die antike Überlieferung ins Mittelalter über. → Einhart schreibt in seiner Biografie: „Religionem Christianam ... sanctissime et cum summa pietate coluit“. Das Wort Pietät bedeutet noch heute ehrfürchtiges Verhalten, vor allem gegenüber Gott, aber auch gegenüber menschlichen Autoritäten, kindliche Liebe sowie Achtung vor Werten und Bräuchen der Tradition.

dk
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