KIRKE Antike-Lexikon für Schule und Studium: E Telemachos
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Ehe

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Ehescheidung
In der griechischen Antike konnte die Ehescheidung von einem der Ehepartner oder im beiderseitigen Einverständnis geschehen. Laut → Plutarch gab Plerikles (um 500 – 429) seine Gattin mit ihrer Zustimmung einem anderen zur Frau. Ehescheidung konnte auch durch den Vater der Ehefrau zustande kommen. Er konnte die Tochter ihrem Gatten wegnehmen und einem anderen geben (Demosthenes 41, 41). Das attische Recht kennt für die Eheleute nur die Möglichkeit, dass der Mann die Frau entlässt (gr.: apopempein) und die Frau den Mann verlässt (gr.: apoleipein). Die Scheidung (gr.: apopompä) ist an keine behördliche Mitwirkung gebunden; es sei denn, es kommt zum Prozess, weil der Mann die pflichtmäßige Auszahlung der Mitgift grundlos verweigert. In der Regel erhielt die Frau das von ihr in die Ehe Eingebrachte sowie die Hälfte von dem, was sie während der Ehe erwirtschaftet hatte. Ertappte der Mann seine Frau beim Ehebruch, so war der Gatte in Athen gezwungen, seine Frau zu entlassen; ansonsten verlor er seine Ehre (Atimie). Die Frau konnte in Athen vor dem Archon mithilfe ihres Rechtsbeistandes erklären, dass sie ihren Mann verlasse. Sie durfte unmittelbar darauf wieder heiraten. Obgleich auch in der römischen Antike die Ehe mit dem Tod eines Gatten oder dann endete, wenn er die Freiheit verlor (z. B. Kriegsgefangenschaft), räumte bereits das → Zwölftafelgesetz dem Mann die Möglichkeit ein, seine Frau zu entlassen. War die Ehe in sakraler Form geschlossen worden (confarreatio, → Eheschließung), so war sie lange Zeit völlig unauflöslich, konnte aber am Ende der republikanischen Zeit durch einen kultischen Akt geschieden werden (diffarreatio), über dessen Vollzug wir aber nichts Genaues wissen. Eine Kaufehe (coemptio, → Eheschließung) konnte nur dank eines Scheinkaufs durch einen Dritten (remanicatio) geschieden werden. Die durch einjähriges Zusammenleben geschlossene Ehe (usus, → Eheschließung) konnte ebenfalls nur durch ein entsprechendes Auseinanderleben getrennt werden. In den Ehen, in denen der Vater der Frau formaljuristisch die Gewalt über die Tochter behielt, konnte er sie von dem Ehemann zurückfordern (abducere). In republikanischer Zeit konnte die Ehefrau selbst die Ehescheidung veranlassen. Die Ehescheidung konnte in gegenseitigem Einverständnis (divortium communi consensu) als auch einseitig (repudium, eigentlich Rücktritt) vorgenommen werden; und zwar ohne dass ein Scheidungsgrund vorliegen musste. Für die einseitige Ehescheidung genügte eine mündliche Erklärung (repudium), die auch nur durch einen Boten überbracht zu werden brauchte (remittere nuntium). Ab dem 5. Jh. war die Zustellung eines Scheidebriefs (libellus repudii) notwendig. Die Ehescheidung war – wie die Eheschließung – ein Rechtsakt. Seit Konstantin (→ Constantinus) sind einseitige Ehescheidungen ohne Angabe von Gründen verboten. Nach justinianischem Recht durfte der Mann sich scheiden lassen: a) wenn die Frau geplanten Hochverrat verheimlicht, b) die Ehe bricht, c) dem Ehemann nach dem Leben trachtet, d) mit anderen Männern tafelt und/oder badet, e) dem Hause fernbleibt und/oder Spiele oder Theater besucht. Die Frau konnte sich scheiden lassen, wenn der Mann a) Hochverrat vorbereitet oder nicht anzeigt, b) der Gattin nach dem Leben trachtet, c) sie zum Ehebruch anbietet, d) die Ehefrau fälschlich des Ehebruchs bezichtigt, e) im selben Haus und / oder in derselben Stadt trotz Tadel ein ehebrecherisches Verhältnis unterhält. Da die Ehescheidung leicht wurde, kam sie auch häufiger vor. Erst im 4. / 5. ist hier – im Zuge der Erstarkung des Christentums (4. / 5. Jh.) – eine die Ehe schützende und stabilisierende Mentalitätsveränderung zu beobachten.

mg
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