Ovid - Texte

Apoll und Hyacinthus

Deutsch

Startseite

Impressum     Sitemap

mutatas dicere formas

Wie klangen Ovids Metamorphosen?

Lateinischer Text

Latein mit Hilfen


Relief & Mythos


 

Zum Hören 

 
162-173 (dt.)
(1,0 MB)
174-195 (dt.)
(1,8 MB)
196-208 (dt.)
(1,1 MB)

209-219 (dt.)
(0,9 MB)


162-173 (lat.)
(1,1 MB)
174-195 (lat.)
(2,0 MB)
196-208 (lat.)
(1,4 MB)
209-219 (lat.)
(1,2 MB)



Ov. met. 10,162-219

Du auch wärst, Amyclide, versetzt in den Himmel von Phoebus,
Hätte das traurige Los nur Zeit ihm gegönnt zur Versetzung.
Wie es erlaubt, bist ewig du doch. Denn stets, wenn den Winter
Scheuchet der Lenz und dem nässenden Fisch nachfolget der Widder,
Sprießest du fröhlich hervor und blühst im grünenden Rasen.
Dich hielt vor allen am meisten wert mein Vater, und Delphi,
Welches die Mitte der Welt einnimmt, war ohne den Schirmer,
Weil den Eurotas der Gott und das mauerentbehrende Sparta
Eifrig besucht. Nicht mehr stehn Leier und Pfeile in Ehren,
Und er vergißt sein selbst und verschmäht nicht, Netze zu tragen, 
Hunde zu halten am Seil und über die rauhen Gebirgshöhn
Mitzugehen, und nährt durch langes Gewöhnen die Flamme.
Zwischen der kommenden Nacht und der letztentwichnen in Mitte
War der Titan und stand gleichweit von dem zwiefachen Ende.
Beide entkleiden den Leib, und vom Safte der fetten Olive
Glänzend, beginnen sie jetzt mit gewichtigem Diskus den Wettkampf.
Den nun schwingt und schleudert empor in die Leere der Lüfte
Phoebus zuerst und zerteilt mit der Wucht die begegnenden Wolken.
Erst nach langem Verzug fiel auf die gefestigte Erde
Wieder die Last und bewies mit der Kunst zugleich auch die Stärke.
Gleich lief ohne Bedacht im Eifer des Spieles, die Scheibe
Aufzuheben, herbei der tänarische Knabe; doch jene
Prallte zurück in die Luft und ward vom gediegenen Boden
Dir ins Gesicht, Hyacinthus, geschnellt. So blaß wie der Knabe
Wurde der Gott. Er hält die zusammengesunkenen Glieder,
Und bald wärmet er dich, bald stillt er die traurige Wunde,
Bald legt Kräuter er auf, die entfliehende Seele zu halten.
Aber die Kunst hilft nichts. Unheilbar war die Verletzung.
Wie wenn Veilchen die Hand und Mohn, den steifen, im Garten
Oder Lilien knickt, mit goldenen Zungen im Kelche,
Und ihr lastendes Haupt dann welk läßt sinken die Blume,
Halt nicht länger bewahrt und erdwärts sieht mit der Krone:
Also liegt sein sterbendes Haupt, entbehret der Spannkraft,
Ist sich selber zur Last; es fällt auf die Schulter der Nacken.
'Oebalus' Sohn, du sinkst, um die Blüte der Jugend betrogen',
Sagte der Gott, 'dich seh ich verwundet durch meine Verschuldung.
Du bist nun mein Schmerz und Vergehn, und unsere Rechte
Zeichnet mit Schuld dein Fall. Ich bin dir Bringer des Todes.
Doch wie hab ich gefehlt, wenn Fehl nicht etwa zu nennen
Heiteres Spiel, wenn Fehl nicht gar mein Lieben zu nennen?
Daß doch wäre vergönnt, für dich mein Leben zu lassen
Oder zugleich mit dir! Weil so uns bindet das Schicksal,
Sollst du bei mir stets sein und im Sinn wie im Munde verbleiben;
Dich soll besingen mein Lied und dich die geschlagene Leier;
Unseren Schmerz auch sollst du in Schrift als Blume bezeichnen.
Auch wird kommen die Zeit, da sich in die nämliche Blume
Wandelt der tapferste Held und steht auf dem Blatte zu lesen.'
Während Apollo dies untrüglichen Mundes voraussagt,
Bleibt nicht Blut das Blut, das, niedergeflossen zur Erde,
Hatte gezeichnet das Gras, und glänzend wie tyrische Röte,
Sprießet die Blume hervor, die ganz wie die Lilie aussieht,
Nur daß purpurn an ihr, an der Lilie silbern die Farbe.
Phoebus jedoch - denn er war Geber der Ehre - begnügt sich
Damit nicht, und er schreibt sein Weh auf die Blätter, und »ai, ai«
Stehet darauf, und den klagenden Ruf zeigt deutlich die Blume.
Auch schämt Sparta sich nicht der Geburt Hyacinths, und die Ehre
Währt bis in unsere Zeit, und nach Sitte der Väter begangen,
Werden mit würdigem Prunk Hyacinthien jährlich gefeiert.

 

aus: Ovid; Werke in zwei Bänden, in der Bearbeitung von Liselot Huchthausen

© Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1968
 








165




170




175




180




185




190




195




200




205




210




215




 

Ovid-Galerie: Apoll und Hyacinthus

© SPSG Berlin-Brandenburg

Copyright © 2004, Mutatas dicere formas: Ovid-Projekt Berlin/Potsdam